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Sybille
von Prag
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Die
Sybille von Prag (17. Jahrhundert) - Die Menschheit ist
vermessen. Sie wollen Gott übertrumpfen. Grausamen
Herzens säen sie einen Pilz, dessen Samen sie vom Himmel
auf die Erde werfen. Groß wird die Furcht und reicht bis
zu den Wolken und der Pilz überschattet weites Land.
Aber der Pilz ist giftig, und Tausende sterben einen
qualvollen Tod (Atombombe). Den Leichen werden die
Kleider vom starren Körper gerissen und die Lebenden
decken ihn mit ihren eigenen Blößen. Hunger, Kälte, Wind
und Regen peinigen die Menschheit, so daß viele von
ihnen toll werden. Schmach liegt über ihren Landen und
die Menschheit ist unfähig, sie abzuschütteln.
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Finsternis ist in
die Herzen eingezogen. Die Menschen sind so seltsam.
Jeder kennt das Unheil, das der Menschheit und der Welt
droht. Alle hassen, keiner will Gottes Allmacht glauben.
Sie bauen einen Turm aus Stahl und Wasser und glauben
damit das All zu erobern. Die Menschen werden ob ihrer
Vermessenheit schwer zu büßen haben. Unter dem Meere
wühlen sie wie Würmer.
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Seltsame Zeiten,
seltsame Menschen füllen die Welt. Niemand ist wahrlich
glücklich. Die Natur wird geschändet und der Menschen
Geist fühlt sich erhaben über das All. Eine Kugel,
getrieben vom Wasser, rollt über die Erde. Sie könnte
Segen bringen, doch sie bringt nur Not. Ein kleines Land
wird groß, denn wieder wird ein Mensch geboren, der groß
ist in der Macht des Alls. Millionen werden die Hände
nach ihm ausstrecken, und er wird stark sein, die Not zu
bannen. Auch ihm wird eine dunkle Macht ein Ende setzen,
und eine Platte aus schweren Eisen wird den Wurm
zerdrücken. Nochmals besinnt sich die Menschheit und sie
kämpft einen verzweifelten Kampf, doch auch ihnen ist
die Ungerechtigkeit heiliges Mittel. Spät, aber doch
gelangen sie zur Einsicht.
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Im Osten steigt ein
stolzer Adler in den blauen Himmel. Goldene Felder
wiegen sich im Winde und glückliche Menschen bewohnen
die Häuser. Frohes Kinderlachen erfüllt den weiten Raum.
Ein Mensch durcheilt die Luft, wie von Engelsflügeln
gehalten, und er spendet Segen mit beiden Händen den
Ländern, die er überfliegt. Stäbe werden sie in den
Händen halten, die Nutzen und Freude, gewandelt aber
auch Tod und Verderben spenden können. Kugeln werden sie
formen, die sie schlucken, wenn sie hungrig sind.
Dennoch aber werden sie nicht satt, denn die Strahlen
machen ihren Leib noch hungriger.
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Eine farbige Kiste
wird der Menschheit helfen, ihr den Schoß der Erde zu
öffnen. Aber Gift und Feuer wird ihre Ernte sein, und
schwer wird es ihnen ankommen, den Schoß wieder zu
schließen. Glühende Luft werden sie sich nutzbar machen
und das Eis des Nordens wird zerfließen und das Land
urbar sein. Ich sehe sie ein kleines, kantiges Ding in
ihren Händen halten, das ihnen Auskunft gibt über alles,
was sie wissen wollen. Auf einer weißen Fläche,
entsprungen einem kleinen Kasten, sieht man Mensch und
Tier, Berg und Tal. Liebliche Musik begleitet die Bilder
und die Menschen freuen sich herzlich. Aber all die
Freude nützt ihnen nichts. Tränen werden wieder aus
ihren Augen fließen und sich zu einem reißenden Strom
vereinen. Gottes Stimme wird aus der Luft ertönen und
zitternd wird die Menschheit ihre Knie beugen.
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Froher und freier
wird die Menschheit werden, aber um vieles ärmer. Die
Schafe werden lernen, ihren Geist zu brauchen und werden
Lüge und Dogma verdammen. Und die Arbeit ihres Geistes
wird die Arbeit ihrer Hände vertreiben. Die Felder
werden ein Vielfaches dessen tragen, was heute großer
Segen ist, und die Menschheit wird ihr Tagwerk in vier
Stunden verbringen. Wieder wird es Überraschungen geben,
denn ganz eigenartige Sachen werden sie ersinnen, um den
Menschen zu helfen. Auf der Straße wird es Wagen geben,
die schneller als alles andere sind und doch keine Räder
tragen. Die Kleider werden sie aus Glas und Erde weben
und diese werden halten ein ganzes Leben lang. Die Nacht
werden sie zum Tage machen, denn geschlungene
Glasröhrchen werden taghelles Licht spenden.
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Die Menschen werden
noch immer nicht zufrieden sein und da sie die Erde
erobert haben, werden sie sich nach den Sternen sehnen.
Freveln werden sie wider Gott, denn selbst die Menschen
werden sie künstlich erzeugen. Diese künstlichen
Menschen sind aber arm an Geist, denn sie haben nur
wenig Hirn, aber sie sind stark und widerstandsfähig, so
daß eine neue Zeit der Sklaverei kommen wird.
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Neue Religionen
werden sie ersinnen, und dort, wo heute die Statue des
heiligen Wenzel steht, wird ein hoher Turm einen neuen
Tempel krönen. Prächtig wird dieser Turm sein, aus Gold
und Silber erbaut. — Noch dauert deine Herrschaft, mein
geliebtes Prag, aber auch dir schlägt einst die letzte
Stunde. Aus dem Osten wird ein Drachen kommen,
schrecklich anzusehen, denn aus seinen neunmal
neunundneunzig Augen werden tödliche Blitze sprühen, und
seinem weit geöffneten Maule entströmt giftiger Odem.
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Prag, mein liebes
Prag, du wirst ein selten grausam Ende finden. Ein Hauch
durcheilt deine Gassen, süß und warm; erstaunt werden
ihn die Menschen fühlen. Mit grausig verzerrtem
Gesichtern legen sich Tausende zur Ruhe und frösteln
trotz der Wärme.
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Es geht dem Ende
zu. Zehn dumpfe Schläge der letzten Kirche dröhnen in
der Luft. Langsam und trübe wälzen sich die Fluten der
Moldau dahin, — ein fruchtbarer Orkan braust über das
Land, über die Stadt. Gelbgraue Staubwolken und schwere,
giftige Schwaden nehmen Mensch und Vieh den Atem. Der
Hradschin steht in Flammen, in der Stadt bersten die
Mauern, überall wütet das Feuer. Die Erde bebt,
geschüttelt vom dumpfen Beben, tiefe Klüfte öffnen sich,
verschlingen Totes und Lebendiges. Die Gräber öffnen
sich wie von Geisterhänden durchwühlt, und die Skelette
lächeln ein grausames Lachen.
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Alles versinkt in der
unergründlich schwarzen Tiefe. Vom Vyschrad kommt ein
ungeheurer Feuerball daher, Felsen fliegen durch die
Luft und alles lodert das Feuermeer. Alles, was der
Fleiß der Menschen geschaffen hat, liegt in Schutt und
Asche, man hört nur mehr das Brausen des Sturmes. Das
Leben ist erloschen, ich sehe nur Trümmer und Leichen.
Langsam verziehen sich die Wolken, nur dort, wo einst
der stolze Dom stand, sehe ich einen blutigroten
Feuerball. Es ist vorbei! Prag, dein Schicksal hat sich
erfüllt! Wo sind deine Häuser, stolze Stadt? Warum
spülen trübe Fluten die Gestade öder Heide? Grausig
Gewürm läßt Leib und Geist erschauern. Unkraut und
Sumpf, voll giftigen Odems, beherrscht die Landschaft.
Ist das die Ernte der menschlichen Saat?
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Textquellen: Trilenium - Chronik der Zukunft,
Josef Schaller
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